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1. Januar 2000 / Polar-Journal

1772-75 GB James Cook

Seitdem liess der Südkontinent die Gemüter nicht mehr ruhen, und als die grossen Entdecker den Stillen und den Indischen Ozean durchfuhren und auf eine grössere Insel stiessen, glaubten sie immer wieder, nun endlich den gesuchten Erdteil aufgefunden zu haben. Allerdings, je weiter die Kenntnis vom Erdball gedieh und je mehr Wasser man auf der Südhalbkugel vorfand, desto kleiner wurde der vorausgeahnte Erdteil, desto mehr schrumpfte der Raum zusammen, der ihn verbergen konnte. Der Mann, der schliesslich den enttäuschenden Nachweis erbrachte, dass der grosse Südkontinent eine Täuschung sei und gar nicht existiere, war James Cook , ein Mann, der, wie man sagte, lieber einmal mehr als zu wenig um die Erde fuhr. Cook war die letzte grosse Entdeckergestalt auf den Meeren, hatte er doch den Südatlantik sechsmal , den Indischen Ozean viermal, den Nordpazifik fünfmal durchfahren und die Südsee kreuz und quer durchmustert. Seine Fahrten schlossen das Zeitalter der grossen Entdeckungen ab, sie brachten Klarheit über die Verteilung von Wasser und Land und liessen erkennen, dass sich nunmehr höchstens noch Inseln, aber keine Kontinente mehr auf der Erde verbergen konnten.

Als Cook , der englische Bauernsohn aus Yorkshire, zu einer grossen Antarktisfahrt aufbrach, da hatte er den amtlichen Auftrag des britischen Marineministeriums in der Tasche, nun endlich das grosse Südland zu entdecken oder zu beweisen, dass keines da sei. Sein Schiff war die „Resolution“, zu deutsch „Entschlossenheit“, ein Dreimaster von 462 Tonnen, der sich durch geringen Tiefgang und durch breite Bauweise auszeichnete, so dass er besser über Untiefen hinwegkam und zur Ausbesserung auf Land gezogen werden konnte. Cook erhielt noch ein Begleitschiff, die 336 Tonnen grosse „Adventure“, doch zeigte die Zukunft, dass Cook immer allein war , denn die beiden Schiffe verloren sich stets aufs neue aus der Sicht und mussten grosse Strecken selbständig zurücklegen, bis sie sich auf vereinten Treffpunkten für kurze Zeit wiederfanden oder sich auch dort verfehlten. Die britische Regierung liess sich das Unternehmen etwas kosten, kam doch allein die wissenschaftliche Ausrüstung auf fünftausend Pfund Sterling. Die Fahrt berührt auch Deutsche, denn als Wissenschaftler nahm Cook zwei Deutsche aus Westpreussen mit an Bord, Johann Reinhold Forster und seinen siebzehnjährigen Sohn Georg. Der junge Forster veröffentlichte später die Notizen seines Vaters in einem Buch, das weit bekannt wurde.

Die Reise verlief denkwürdig. Am 13. Juni 1772 fuhr Cook von England mit dem vorläufigen Ziel Kapstadt ab; dort sollte dann der Vorstoss ins Ungewisse beginnen. Er liess sich Zeit, denn wegen der langen Polarnacht, der heftigen Winterstürme und der Vereisung blieben praktisch nur zwei Monate, Dezember und Januar, für die Erkundung des hohen Südens übrig. So verliess er Kapstadt im November mit Kurs Süd. Nach 2500 Kilometern Fahrt stiessen die Schiffe in 57 Grad südlicher Breite zum ersten Male, in 59 Grad Breite zum zweiten Male auf Packeis. Deshalb steuerte Cook zuerst 1000 Kilometer nach Westen, dann zurück nach Osten, und fand schliesslich eine Lücke, wo er wieder direkten Kurs nach Süden aufnehmen konnte. Der Polarkreis wurde überquert und am gleichen Tag die Breite von 67°15′ erreicht. Damit hatte Cook einen Rekord aufgestellt, denn erst im Jahr 1929 gelang es einem Schiff, in diesem Teil des Ozeans noch ein Stück weiter südwärts zu kommen. Der Kalender zeigte den 17. Januar 1773. Nun aber gebot eine neue Packeismauer endgültig Halt. Wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit wandte sich Cook nun nach Nordosten zurück und segelte auf etwa 60 Grad Breite nach Osten, um auf Neuseeland den zehn Monate langen antarktischen Winter zu überdauern. Acht Wochen später traf auch die „Adventure“ ein, von dem gesuchten Südkontinent hatte keines der Schiffe etwas bemerkt.

Lange Zeit hielt es Cook nicht auf Neuseeland, er machte sich auf, nun die noch wenig bekannte Südsee zu durchstreifen, ob nicht vielleicht hier eine Landzunge des Südkontinents anzutreffen wäre. Natürlich war die Suche erfolglos, und so ging es über Tahiti nach Neuseeland zurück, gerade rechtzeitig genug – es war November 1774 geworden -, um die antarktische Fahrt fortzusetzen. Diesmal sollte der pazifische Teil der Antarktis abgesucht werden. Wieder wurde der Polarkreis überfahren, diesmal bis 67°31′ Breite, und wieder gebot dichtes Packeis HaIt. Es war eben zur Weihnachtszeit. Cook machte einen kurzen Abstecher nach Norden, um das Gebiet der südlichsten Südsee nicht auszulassen und drang dann abermals polwärts vor. Diesmal kam er weiter als je zuvor, 71°10′ südlicher Breite wurden erreicht, bevor sich die Eismauer in den Weg stellte. Es war bereits der 30. Januar 1774, und die Zeit verlangte, umzukehren. Also auch hier war kein Stückchen des ersehnten Landes zu sehen. Zum zweiten Male überwinterte die „Resolution“ – die „Adventure “ war schon vor vielen Monaten ausser Sicht gekommen – in wärmeren Gegenden, und wiederum wählte Cook Neuseeland zum Stützpurukt für weitere Südseefahrten. Er besuchte die einsamen Juan-Fernandez-Inseln, die Korallenwelt der Marquesa-Inseln, die seltsame Osterinsel , die Neuen Hebriden, Neu-Kaledonien und Tahiti. Dort wurde er als alter Bekannter von 150 grossen Kanus, die mit je 400 Mann besetzt gewesen sein sollen, freudig begrüsst. Dann wartete er vor Neuseeland vergeblich auf die „Adventure“.

Der dritte antarktische Sommer brach an, und noch blieb der atlantische Raum zu untersuchen. Weder Cook noch seine Männer hatten mehr eine Hoffnung, den Kontinent anzutreffen, aber der Vollständigkeit halber sollte der Ring geschlossen werden. Von Neuseeland ging die Fahrt zunächst geraden Weges zur Südspitze Amerikas. Kap Hoorn wurde am 28. Dezember 1774 umsegelt, dann ging es, stets von Treibeis umgeben, in der Nähe des 60. Breitenkreises bis zur Höhe Kapstadts. Am 29. Juli 1775 trafen Schiff und Besatzung wohlbehalten in London ein. .

Das Ergebnis war gross und doch enttäuschend. Etwa 65 000 Meilen hatte Cook zurückgelegt, er hatte das ganze südliche Eismeer zwischen 60 und 70 Grad Breite umfahren; hatte sich immer nahe am Packeis gehalten und: an drei Stellen den Polarkreis durchstossen. Die Lehre vom grossen Südkontinent war erledigt, Antarktika war ins Reich der Fabel verwiesen, wer noch davon sprach, wurde ausgelacht.

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