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30. Juni 2006 / Polar-Journal

– 2006 – 06 Riesenkrater unter ewigem Eis

02.06.2006 : Gewaltiger Einschlag – Riesenkrater unter ewigem Eis entdeckt

Geologen haben in der Antarktis den grössten bekannten Meteoriten-Krater der Erde entdeckt. Der gewaltige Einschlag könnte vor 250 Millionen Jahren eines der grössten Massensterben der Erde verursacht und zur Entstehung des australischen Kontinents geführt haben.
Einen Durchmesser von 480 Kilometern hat die runde Struktur unter dem Eisschild der Ostantarktis, die Wissenschaftler jetzt entdeckt haben. Das macht sie zum grössten bekannten Krater der Erde – jedenfalls ist es der am besten erhaltene, aber wohl auch der am schwersten zugängliche.
Bei einer Fachkonferenz der American Geophysical Union in Baltimore zeigte Ralph von Frese, Geologe an der Ohio State University, die ersten Darstellungen des Riesenkraters. Auf den bunten Computergrafiken ist deutlich eine kreisförmige Struktur im Osten des Eiskontinents, in einer Gegend namens Wilkesland, zu erkennen. Es handelt sich bei den Grafiken um die Visualisierungen ganz unterschiedlicher Messwerte:
Der „Grace“-Satellit der Nasa hatte Unterschiede im Schwerefeld der Erde vermessen. Die Daten lieferten Hinweise auf stärkere oder geringere Gesteinsdichte. Im Wilkesland ist eine kreisrunde starke Verdichtung zu erkennen.
Vermessungen der Dicke der Erdkruste zeigen, dass diese just dort einige Kilometer dünner ist als in der Umgebung.
Höhenradaraufnahmen weisen auf einen gut erhaltenen Kraterwall unter dem Eis hin. Teilweise ragt er mehrere hundert Meter höher empor als das Innere der kreisförmigen Struktur.
Jedes dieser Anzeichen für sich genommen wäre noch kein hinreichender Beleg für einen Krater. Alle drei Befunde zusammen aber können laut Frese nur eines bedeuten: einen Einschlag. „Wenn ich auf dem Mond so eine Delle gemessen hätte, würde ich drum herum eine Kraterstruktur erwarten“, sagte der Forscher. „Und als wir uns die Eis-durchdringenden Radaraufnahmen angesehen haben, war sie da.“

Einschlag eines globalen Killers?
Frese schätzt das Alter des Meteoriten-Einschlags, der den Krater verursacht haben soll, auf rund 250 Millionen Jahre. Dafür spricht, das im Kratergebiet noch ein Gesteinspfropfen zu erkennen ist, in dem Material aus dem Erdmantel in die darüber liegende Kruste gedrungen ist.
250 Millionen Jahre, dies ist in erdgeschichtlicher Zeitrechnung ausgerechnet der Übergang vom Perm zum Trias. An der Grenze der beiden Zeitalter erlebte die Erde ein Massensterben, dem fast alle Arten auf dem Planeten zum Opfer fielen.
„Die ganzen Umweltveränderungen, die so ein Einschlag ausgelöst haben könnte, würden wohl zu einem ätzenden Klima geführt haben, das wirklich schwer zu ertragen ist“, sagte Frese. „Es passt also, dass damals ein Grossteil des Lebens auf der Erde starb.“
Von Frese ist auf die Erforschung von Kratern spezialisiert und hatte im Februar einen Fachaufsatz veröffentlicht, in dem er erklärte, wie der Mann im Mond sein Gesicht bekam. Allerdings haben andere Wissenschaftler erst kürzlich einen jüngeren Meteoriteneinschlag vom Verdacht freigesprochen, ein Massenkiller zu sein: Der Einschlag bei dem heutigen Chicxulub auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan kam demnach zu früh, um vor etwa 65 Millionen Jahren ein Massensterben unter den Dinosauriern ausgelöst zu haben.

Australien vom Urkontinent getrennt
Sollte Freses Krater hingegen tatsächlich der Perm-Trias-Killer gewesen sein, wäre er es gewesen, der vor 250 Millionen Jahren den Dinosauriern den Weg geebnet hat.
Der Geologe und seine Kollegen aus Russland und Korea bringen den gewaltigen Krater indes noch mit einem ganz anderen erdgeschichtlichen Ereignis in Verbindung: Vor gut 100 Millionen Jahren soll sich das heutige Australien vom Urkontinent Gondwana abgespalten haben und nach Norden gewandert sein, in Richtung seiner heutigen Position. Dabei hat der reisende fünfte Kontinent Spuren auf dem Boden des indischen Ozeans hinterlassen, die in Form von Rissen heute noch sichtbar sind. Solche Risse führten auch direkt durch den neu entdeckten Krater.
Der Einschlag, folgern die Geologen, könnte also zur Rissbildung beigetragen – und so die Abspaltung Australiens ausgelöst haben.

 

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