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30. September 2011 / Polar-Journal

– 2011 – 09 Verirrter Pinguin: Rückkehr, Königskrabben-Invasion

01.09.2011 Verirrter Pinguin: „Happy Feet“ auf dem Heimweg

Vor gut zwei Monaten war er an Neuseelands Küste gestrandet, nun hat „Happy Feet“ die Rückreise in die Antarktis angetreten: Auf einem Schiff wird der Kaiserpinguin Richtung Süden transportiert. Den grössten Teil des Weges muss das Tier aber alleine bestreiten.
Wellington – Für „Happy Feet“ geht es nun nach Hause: An Bord des Forschungsschiffes „Tangaroa“ werde der Kaiserpinguin etwa 630 Kilometer nach Süden fahren, teilte der Zoo in Wellington am Montag mit. Die Reise in einer mit Eis gekühlten Spezialbox werde etwa vier Tage dauern. Dann soll das rund dreieinhalb Jahre alte Tier ausgesetzt werden und allein den Weg zurück in die Antarktis finden. Ein GPS-Sender wird zeigen, wohin es „Happy Feet“ wirklich verschlägt.
Der Pinguin war am 20. Juni an einem Strand nördlich von Wellington aufgetaucht, mehr als 3.000 Kilometer von seiner eisigen Heimat entfernt. Im Zoo wurde das Tier mühsam wieder aufgepäppelt.
Experten hatten davon abgeraten, „Happy Feet“ den ganzen Weg zurückzubringen. Die Reise würde Wochen dauern und das Tier unter grossen Stress setzen, hiess es. Ausserdem könne der Pinguin so Viren aus Neuseeland einschleppen.

05.09.2011 Pinguin „Happy Feet“ in antarktischem Gewässer ausgesetzt

Mit einem kleinen Schubs ist der in Neuseeland gestrandete Kaiserpinguin „Happy Feet“ in die Freiheit entlassen worden. Das Tier wurde am Sonntagmorgen vom Forschungsschiff „Tangaroa“ südlich von Neuseeland in antarktischem Gewässer ausgesetzt.
„Happy Feet“ habe ein wenig „sanfte Ermutigung“ benötigt, um die Kiste zu verlassen, in der er die sechstägige Schifffahrt verbracht hatte, sagte Tierärztin Lisa Argilla vom Zoo in Wellington. Der Pinguin sei rückwärts bäuchlings eine Rampe hinuntergerutscht und dann in etwa zwei Metern Entfernung noch einmal aufgetaucht. Nach einem letzten Blick zurück sei er untergetaucht und verschwunden. „Ich war froh, ihn davonziehen zu sehen“, sagte Argilla. „Der schönste Teil meines Jobs ist, Tiere in die Freiheit zu entlassen, dorthin, wo sie hingehören.“
Die Reise in die Freiheit überstand der Kaiserpinguin am besten von allen Beteiligten: Acht Meter hohe Wellen machten die mehrtägige Fahrt für Tierärztin Argilla und die Schiffsbesatzung ungemütlich. „Happy Feet“ dagegen litt nicht an Seekrankheit, schlief im Stehen und schnappte bei der Fütterung mit frischem Fisch nach den Besatzungsmitgliedern.
GPS-Gerät gibt Aufschluss über Reiseroute
Der Kaiserpinguin war am 20. Juni überraschend an einem Strand in Neuseeland aufgetaucht, rund 3000 Kilometer von seiner eigentlichen Heimat entfernt. Kurz darauf verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, so dass er in den Zoo von Wellington gebracht werden musste. In Neuseeland ist es viel zu warm für einen Kaiserpinguin, der arktische Kälte gewohnt ist. Das nach dem Pinguin-Animationsfilm „Happy Feet“ benannte Tier hatte irrtümlich Sand gefressen – in der Antarktis fressen Pinguine Schnee, wenn ihnen zu warm wird.
Nach mehreren medizinischen Eingriffen konnte „Happy Feet“ mit einer Diät aus Fisch-Shakes wieder aufgepäppelt werden. Er nahm seitdem vier Kilogramm zu und hat nun mit seinen 27,5 Kilogramm wohl ausreichend Fettreserven, um die anstrengende Reise zu meistern. Der Pinguin wurde in der Nähe der Campbell-Inseln ausgesetzt, von wo aus er noch 2000 Kilometer bis zur Antarktis vor sich hat.
Seine Überlebenschancen schätzt Argilla so gut oder so schlecht ein wie die jedes anderen frei lebenden Pinguins. Seine Bewegungen können noch für einige Zeit im Internet verfolgt werden: Er wurde mit einem GPS-Gerät ausgestattet, das voraussichtlich erst mit der nächsten Mauser des Vogels abfallen wird.

07.09.2011 Gefrässige Krustentiere: Der Antarktis droht die Königskrabben-Invasion

Biologen haben eine riesige Ansammlung von Königskrabben in der antarktischen Tiefsee entdeckt. Steigende Wassertemperaturen ermöglichten wohl das Vordringen der räuberischen Krustentiere – mit verheerenden Folgen für das Ökosystem.
Königskrabben und andere Räuber, die Gehäuse und Panzer ihrer Beute knacken können, gibt es in den Meeren rund um die Antarktis nur in grosser Tiefe. Der gesamte Festlandsockel des Eiskontinents ist frei von diesen Tieren, und das wahrscheinlich schon seit mindestens 14 Millionen Jahren. Der Grund dafür ist unter anderem die Wassertemperatur: Sie ist in flacheren Gewässern der Antarktis besonders niedrig, in den Tiefen dagegen für Krabben noch erträglich.
Nun aber erwärmt sich auch der Ozean um die Antarktis langsam, um etwa ein Zehntelgrad pro Jahrzehnt. Das scheint den Krabben zu nutzen: Ein internationales Forscherteam hat Königskrabben höher als jemals zuvor auf den Flanken des Kontinentalsockels beobachtet. Es handelt sich dabei anscheinend um eine grosse, stabile Population der Tiere in einer Senke innerhalb des Schelfs. Die Krabben haben also bereits die erste Kältebarriere überwunden und sich nahe der Antarktischen Halbinsel festgesetzt, berichtet Craig Smith von der University of Hawaii im Fachmagazin „Proceedings B“ der britischen Royal Society.
Smith und seine Mitarbeiter untersuchten mittels eines ferngesteuerten Unterwasserroboters die bis zu 1440 Meter tiefe Palmer-Senke, eine Vertiefung innerhalb des Festlandsockels westlich der Antarktischen Halbinsel. Bei den Kamerafahrten entdeckten sie zahlreiche grosse Königskrabben, darunter trächtige Weibchen. Die genetische Untersuchung eines Exemplars zeigte, dass es sich um die Art Neolithodes yaldwini handelte, die man bisher nur aus grossen Tiefen der Ross-See kannte.
Mehr als 1,5 Millionen Königskrabben in der Palmer-Senke
Den Berechnungen zufolge leben auf dem Boden der Senke etwa 10.600 Tiere pro Quadratkilometer. Das ist eine grössere Dichte als die der kommerziell genutzten Kamtschatka-Krabben vor Alaska, berichten die Forscher. In der Palmer-Senke leben demnach mehr als 1,5 Millionen Königskrabben. Ein erwachsenes Exemplar der Art N. yaldwini wiegt etwa ein Pfund.
Überall auf dem Sediment in der Tiefe sahen die Forscher Spuren, die die grossen Krebse mit ihren Beinen und Zangen hinterlassen hatten. Zum Teil habe der weiche Sedimentboden regelrecht durchpflügt gewirkt. Die Krabbeninvasion beeinträchtige die restliche Fauna: Die Vielfalt der Meerestiere in der Palmer-Senke sei deutlich geringer als an der Flanke des Kontinentalsockels, wo es noch keine Königskrabben gebe. Auf Steinen und dem Sediment der Senke lebten fast nur noch Schwämme und Seeanemonen, aber nur wenige Würmer und keine Seesterne oder Seeigel, eine bevorzugte Nahrung der Krabben.
Die Grösse dieser Population bedeutet nach Meinung der Forscher, dass die Tiere schon seit längerer Zeit die Kältebarriere überwunden haben müssen, die die Senke umgibt – wahrscheinlich innerhalb der vergangenen 50 Jahre. Da nur geringe Temperaturunterschiede die Tiere bisher vom kalten Schelfbereich zurückgehalten haben, bedeute dies, dass eine zunehmende Erwärmung der Ozeane rund um die Antarktis diese letzten Barrieren immer durchlässiger machen könnte.
Die Krabbenpopulation in der Palmer-Senke könnte damit erst ein Vorgeschmack auf eine folgendreiche Krabbeninvasion der kalten Antarktisgewässer sein, vermuten die Forscher. Anzeichen dafür hatten Experten bereits entdeckt. In anderen Meeresregionen droht die gleiche Gefahr. Vor Norwegen etwa breiten sich die besonders grossen Kamschatka-Krabben (Paralithodes camtschatica) aus.

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