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30. Dezember 2010 / Polar-Journal

– 2010 – 12 Trawler-Seenot, Polarstürme, Neutrino-Observatorium

13.12.2010 : [KR] Südkoreanischer Trawler in Seenot geraten

Ein südkoreanisches Fischerboot, an dessen Bord sich 42 Menschen befinden, geht in der Antarktis unter. Nach vorläufigen Angaben gibt es bereits vier Todesopfer, 18 Menschen gelten als vermisst.
Der Agentur Yonhap zufolge stammt die Besatzung aus Südkorea (acht Menschen), China, Indonesien, Russland, Vietnam und den Philippinen.
„Das Schiff hat um 06.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr Moskauer Zeit) zu sinken begonnen … Im Moment wissen wir, dass 20 Menschen am Leben sind, vier Tote geborgen wurden und weitere 18 Fischer als vermisst gelten“, teilte der Vertreter des neuseeländischen Küstenschutzes, Ross Henderson, mit.
Das Schiffsunglück ereignet sich ungefähr 2200 Kilometer südlich der Küste Neuseelands.

17.12.2010 Überraschender Klimaeffekt: Südpolarstürme lassen Antarktis-Eis schmelzen

Riesige Eisberge brechen von den antarktischen Gletschern ab, der südpolare Eispanzer schrumpft immer weiter. Jetzt haben Wissenschaftler einen neuen möglichen Grund für den Schwund entdeckt: Stürme treiben warmes Tiefseewasser gegen die Küsten – und beschleunigen so die Schmelze.
Die Antarktis ist eine gefrorene Sintflut: Schmölze der 4500 Meter hohe Eispanzer auf dem Südkontinent vollständig, stiege das Meer weltweit um 70 Meter. Sicher, solch eine Katastrophe befürchten Experten nicht; der Grossteil der Gletscher scheint stabil. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass die Spitze der Antarktis, vor allem die Westantarktische Halbinsel, zunehmend Eis verliert. Die meisten Gletscher dort werden kleiner.
Jetzt haben Geoforscher eine überraschende Ursache des Eisverlustes ausgemacht: auffrischende Winde.
Bislang ist es unmöglich, die Entwicklung des Antarktis-Eises vorherzusagen, zu komplex sind die Umweltbedingungen: Ob das Eis wächst oder taut, hängt nicht nur von Lufttemperatur und Schneefall ab. Die Gletscher reichen ins Meer, weshalb auch Meeresströmungen und Wellengang die Schmelze beschleunigen können. Grossen Einfluss habe aber ausserdem der Wind, berichtet nun Bob Bindschadler von der Nasa auf der Jahrestagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union (AGU) in San Francisco.
Der Glaziologe hat Bilder des Satelliten „Landsat“ und andere Luftaufnahmen analysiert: Sie zeigten tiefe Lücken am Rand des ins Meer ragenden Eisschelfes der Westantarktischen Halbinsel. Bindschadler fand heraus, dass die Klüfte entstanden, wenn der Wind stärker wurde: „Wir konnten einen direkten Zusammenhang zwischen Eisrückgang und Windstärke feststellen“, sagte Bindschadler
Starke Erwärmung in der Tiefsee
Die Lücken im Eis lagen dort, wo das Wasser am wärmsten war. Freigesetzt wurden die milden Strömungen vom Wind. Denn vor der Antarktis drängt warmes Wasser an die Küste. Wenn nun Stürme kaltes Oberflächenwasser von der Küste wegtreiben, macht es Platz für milde Tiefenströmungen. Luftfotos zeigten, dass ins Meer ragende Gletscherzungen 150 Meter kleiner waren, wenn sie mit warmem Wasser aus der Tiefe in Kontakt kamen. Ein Rätsel bleibe allerdings, dass nur 22 Prozent der Wärme im Wasser für Eisschmelze verbraucht worden seien, sagt Bindschadler. Wo die restliche Energie hin sei, konnte nicht geklärt werden. Möglicherweise sei Eis getaut, das nicht von Messungen erfasst wurde.
Der Wind werde jedenfalls mitentscheiden, ob das Eis der Westantarktis künftig verstärkt schmelze, folgert Bindschadler. Die Entwicklung der Stürme in der Region sei allerdings unklar. „Wir geben das Problem hiermit an die Klimamodellierer weiter“, sagt er. Computersimulationen sollten zeigen, ob der Wind über der Antarktis auffrischen werde.
Sollte der Wind zunehmen, könnten die Folgen gravierend sein: Denn in der Tiefe habe sich das Südpolarmeer vor der Westantarktis in den vergangenen 18 Jahren „erschreckend erwärmt“, berichtete Douglas Martinson von der Columbia University in den USA auf der AGU-Tagung: Das hätten Temperaturmessungen mit Sonden von Forschungsschiffen vor Palmer Island ergeben. Es handelte sich dort um „den stärksten Temperaturanstieg auf Erden“, sagt der Forscher.
Friedhof der Eisberge
Wie schnell Antarktis-Gletscher schmelzen können, haben Glaziologen um Ted Scambos von der University of Boulder in den USA herausgefunden: Seit 1995 ein riesiger Eisbrocken von der Westantarktis abbrach – der „Larsen A“-Eisberg – kam die gesamte Eiszunge ins Rutschen; sie hat ihren Halt verloren. Das hätten Satellitenfotos gezeigt, berichtet Scambos auf der Tagung. Immer mehr Eisschollen rutschen seither ins Meer. Mittlerweile sei die Region für knapp ein Drittel des gesamten Eisverlusts der Westantarktis verantwortlich, berichtet Ted Scambos.
Wohin das Eis treibt, scheint nun auch geklärt. Mark Brandon von der Open University in Grossbritannien hat den Eisberg-Friedhof der Antarktis entdeckt: Vor der Südostspitze Südamerikas gingen viele Eisschollen ihrem Ende entgegen, berichtete Brandon auf der AGU-Tagung. Sie verendeten vor Südgeorgien im Südatlantik. Das Sterben der Eisberge habe „massive Folgen“ für die dortige Meeresumwelt: Gigantische Mengen Süsswasser gelangten beim Tauen des Eises ins Meer. Zudem düngten Staub und Mineralien aus dem Eis den Ozean. So sorgt das Eis aus der Antarktis schliesslich für eine üppige Algenblüte im Atlantik.

21.12.2010 Bau in der Antarktis: Gigantisches Neutrino-Observatorium ist fertig

Es ist ein Projekt der Superlative: 1500 Meter unter dem antarktischen Eis haben Forscher ein 1000 Meter langes Neutrino-Observatorium gebaut. Icecube soll Hochenergie-Neutrinos registrieren, die milliardenfach die Erde durchqueren.
Am Wochenende war es so weit: Forscher liessen das letzte mit Photodetektoren bestückte Kabel in ein 2450 tiefes Eisloch hinabgleiten. Damit ist der riesige Neutrino-Detektor Icecube in der Antarktis fertig gebaut. Insgesamt 86 solcher Löcher hatten die Forscher in das Eis am Südpol gebohrt. An den 86 Kabeln sind mehr als 5000 Sensoren befestigt, die feine Lichtimpulse registrieren sollen, die von Neutrinos ausgelöst werden.
„Mit der Fertigstellung von Icecube ist der Traum eines kilometergrossen Neutrino-Detektors aus den siebziger Jahren schliesslich wahr geworden“, sagte der Physiker Francis Halzen von der University of Wisconsin-Madison. Er koordiniert das Forschungsprojekt, an dem Wissenschaftler und Institute aus der ganzen Welt beteiligt sind. „Jetzt kann die Arbeit beginnen.“
An Icecube wird seit 2004 gebaut. Die im Eis versenkten Sensoren beobachten ein Volumen von einem Kubikkilometer Eis 1450 bis 2450 Meter unter der Oberfläche. Die Lage am Südpol und die grosse Tiefe sollen sicherstellen, dass bei den Messungen möglichst wenige Störungen auftreten. Das Observatorium muss so gross sein, weil Hochenergie-Neutrinos zwar milliardenfach die Erde durchqueren, Kollisionen mit Materie aber sehr selten sind. Icecube wird nur einige hundert solcher Zusammenstösse pro Tag registrieren. Bei den Minicrashs von Neutrinos mit den Kernen von Sauerstoffatomen entstehen sogenannte Myonen, die Strahlung aussenden. Diese Strahlung wird von den Sensoren erfasst.
Beim Aufbau von Icecube durften die Wissenschaftler keine Fehler machen. Die 86 fast 2500 Meter langen Kabel mit den Lichtsensoren sind nach dem Absenken in die Bohrlöcher im Eis eingefroren. „Wir kommen an sie genauso schlecht heran wie an einen Satelliten im Orbit“, sagte Spencer Klein vom Berkeley Lab. Die Sensoren seien jedoch sehr robust und zuverlässig, versicherte er.
Neutrinos sind ungeladene Elementarteilchen von sehr geringer Masse. Sie entstehen beim radioaktiven Betazerfall, aber auch bei der Kernfusion in der Sonne. Mit Icecube wollen Forscher Teilchen nachweisen, die in höheren Atmosphärenschichten entstehen, aber auch jene Neutrinos finden, die bei Gamma-Ausbrüchen im Zentrum von Galaxien und bei der Auslöschung von Antimaterie entstehen.

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